Der Kartonmodellbau, wenn auch wenig bekannt und noch weniger aktiv betrieben, ist mittlerweile zu einer ernsthaften Modellbaudisziplin herangereift und hat mit den „Bastelbögen“, die mancher noch aus seiner Kindheit kennen mag, etwa so viel gemein wie die Spielzeuge aus den Überraschungseiern mit Gebäudemodellen, die als Modellbahn-Zubehör angeboten werden.
Der Kartonmodellbau hat eine lange Tradition. Der älteste bekannte Modellbaubogen stammt aus dem Jahr 1529.
Heute gibt es fast nichts, was es nicht als Kartonmodell gibt, von Architekturmodellen bis hin zu Fahrzeugen aller Art, in diversen Maßstäben, vom einfachen, stark stilisierten Modell für Einsteiger bis hin zu superdetaillierten Bausätzen, die auch dem erfahrenen Bastler einiges abverlangen. Auch für den Modellbahner gibt es interessantes Zubehör in allen gängigen Maßstäben.
Besonders reich bedacht werden die Z-Bahner, denn diese finden im Maßstab 1:250 alles, was zur Gestaltung einer Hafenszene nötig ist, Lagerhäuser, Kräne, Leuchttürme und Schiffe in großer Auswahl. Da alle diese Modelle deutlich größer sind als das rollende Material, ist die kleine Abweichung zum Z-Maßstab 1:220 kaum wahrzunehmen.
Die Drucktechnik ermöglicht die farbige Hervorhebung kleinster Details, da fällt es (zumindest bei kleinen Maßstäben) kaum auf, daß die Oberfläche glatt ist und nicht strukturiert. Die Geschmäcker sind natürlich verschieden, aber auf mich wirken gut detaillierte Kartonmodelle wesentlich realistischer als Plastikbausätze, und seien sie noch so liebevoll bemalt.
Leider sind die Hürden für Einsteiger immer noch sehr hoch. Die Bauanleitungen der verschiedenen Hersteller geben zwar mehr allgemeine Hinweise als früher, dennoch betonen die meisten aus offensichtlichen Gründen, daß der Zusammenbau mit wenigen Werkzeugen (teilweise werden immer noch Scheren zum Schneiden empfohlen!) einfach von der Hand geht.
Nun, man braucht wirklich nur wenige Werkzeuge, Klebstoff, etwas Geschick und viel Geduld, aber ein gewisser Grundstock sollte doch vorhanden sein, soll nicht gleich das erste Modell halbfertig auf den Müll wandern und der Bastler dem Kartonmodellbau für den Rest seines Lebens den Rücken kehren. Eine Reihe von Tips ist ebenfalls sehr hilfreich, doch woher nehmen, wenn es keinen Kartonmodellbauer im Bekanntenkreis gibt?
Daher habe ich beschlossen, mein in 40 Jahren Kartonmodellbau erworbenes und an vielen Modellen (fast ausschließlich Schiffsmodelle im Maßstab 1:250) erprobtes Wissen Interessierten zugänglich zu machen. Die Techniken sind stets die gleichen, egal welches Modell Sie bauen, Sie können also auch dann mit Gewinn weiterlesen, wenn Sie keine Schiffsmodelle bauen möchten.
Das wenigste ist auf meinem eigenen Mist gewachsen, vieles habe ich mir angelesen, die wichtigste Quelle war die „Möwe“, das Mitteilungsblatt für die Freunde der Wilhelmshavener Modellbaubogen, außerdem die Hauszeitung des cfm-Verlags, der Scheuer & Strüver-Katalog sowie verschiedene Bauanleitungen. Vielen Dank all den ungenannten Tipgebern!
Alles, was ich hier niederschreibe, habe ich selbst erprobt, sofern nicht ausdrücklich anders angegeben, dennoch kann es durchaus sein, daß andere Bastler andere Erfahrungen machen. Jeder entwickelt mit der Zeit seine eigenen Vorlieben, Techniken, eben seinen ganz persönlichen Stil - seien Sie experimentierfreudig. Irgendwelche Garantien, daß es bei Ihnen genauso klappt wie bei mir kann ich naturgemäß nicht geben - wenn Sie also meinen Tips folgen, dann auf eigene Gefahr.
Unbedingt erforderlich sind ein sehr (!) scharfes Bastelmesser und eine geeignete Unterlage zum Schneiden.
Für die allermeisten Arbeiten benutze ich ein Messer mit den kleinen Abbrechklingen, die man fast an jeder Ecke bekommt. Wichtig ist, daß das Messer der Klinge einen stabilen, möglichst spielfreien Halt gibt, insbesondere quer zur Schneidrichtung. Es sind Messer erhältlich, die zwar durch die metallene Führungsschiene für die Klinge einen soliden Eindruck machen, aber dennoch völlig unbrauchbar sind.
Gute Messer habe ich bei Obi („kleines Tapeziermesser“) und in der Bastelabteilung meines Spielwarenhändlers gefunden. Auch die Klingen sind durchaus von unterschiedlicher Qualität, probieren Sie verschiedene aus.
Die Abbrechklingen haben gegenüber den Klingen von Bastelmessern den unschätzbaren Vorteil, recht preiswert zu sein, so gönnt man sich eher mal eine neue Klinge - und eine sehr scharfe Klinge ist einfach unverzichtbar für ein exaktes Ausschneiden.
Als Unterlage kann zur Not eine feste Pappe dienen, wie sie beispielsweise den Wilhelmshavener Modellen beiliegt. Aber wirklich nur zur Not für Ihr erstes, einfaches Modell. Die Unterlage ist etwas uneben, zudem hinterläßt jeder Schnitt eine Spur, in die man beim nächsten Schnitt eventuell wieder hineinrutscht - schon ist das Teil verschnitten.
Gut geeignet ist eine Glasplatte, die sich vielleicht ja im Keller oder auf dem Dachboden findet. Nachteilig ist, daß die Klingen sehr schnell stumpf werden, da man immer nur mit der Spitze schneidet. Zudem muß man einen gewissen Druck auf die Klinge ausüben, damit auch die unterste Papierschicht durchtrennt wird. Dabei gibt es doch dann und wann Kratzer auf der Platte, in die man beim nächsten Schnitt womöglich hineinrutscht.
Ich benutze eine Glasplatte immer noch als Bastel-Unterlage - sie ist absolut eben, wichtig für die Montage des Rumpfes auf der Grundplatte, Klebstoffreste lassen sich leicht abkratzen, und man kann sogar schnell mal etwas darauf schneiden.
Normalerweise verwende ich jedoch eine professionelle Schneidunterlage, wie sie von den Herstellern grafischer Skalpelle angeboten wird. Diese besteht aus einem Material, das sich nach dem Schnitt wieder verschließt.
Diese Matten werden in unterschiedlichen Qualitäten angeboten. Ich schneide lieber auf einer härteren Unterlage, allerdings bricht bei einem sehr feinen Messer die Spitze um so schneller ab, je härter die Unterlage ist.
Ein Stahl-Lineal oder ein Lineal mit einer Metallschiene wird beim Rillen, Ritzen und Schneiden gerader Linien benötigt.
Eine sehr präzise greifende Bastler-Pinzette sollte auch vorhanden sein, ferner einige runde Gegenstände mit verschiedenen Durchmessern zum Runden des Kartons, beispielsweise Stifte, Schaschlikspieße und Nadeln in verschiedenen Stärken.
Die Nadeln eigenen sich auch dazu, an unzugänglichen Stellen Klebstoff aufzutragen.
Das wär’s schon – ach ja, zwei Scheren befinden sich in meinem Werkzeugkasten auch: eine mittelgroße, mit der ich die Bauteile grob aus dem Bogen heraustrenne, und eine kleine, spitze, sehr scharfe und exakte Schere, mit der ich das Takelgarn abschneide. Und die Überstände an manchen Rettungsbooten.
Für den Zusammenbau eines ersten, einfachen Modells sind Sie damit gut ausgerüstet.
Hier entwickelt jeder Bastler seine eigenen Vorlieben. Allgemein verbreitet und für die meisten Arbeiten gut geeignet ist Uhu Alleskleber. Wichtig ist bei größeren Teilen ab etwa 15 cm, daß der Klebstoff auch nach dem Trocknen elastisch bleibt, denn der Karton ändert seine Ausdehnung bei Änderungen von Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Die meisten lösungsmittelfreien Klebstoffe sind wegen des Wassergehalts unbrauchbar; der Karton wellt sich und die einzelnen Schichten lösen sich voneinander.
Für kleinste Teile verwende ich jedoch Wiccoll Kartonleim, mit ca. 10% Wasser verdünnt und einer sehr feinen Dosierspitze, wie sie auch für den Klebstoff für Plastikmodelle verwendet wird. Dieser Leim trocknet transparent und nicht glänzend, also fast unsichtbar, und er zieht keine Fäden. Es dauert zwar seine Zeit, bis der Leim ausgehärtet ist, er zieht jedoch erstaunlich schnell an.
Die Kanüle spüle ich nach Gebrauch mit warmem Wasser durch, damit sie nicht verstopft.
In seltenen Fällen kommt auch Uhu Sekunden-Alleskleber zum Einsatz, allerdings meist nur bei „Notoperationen“ - und für Ätzteile (siehe das Kapitel über das „Supern“ der Modelle).
Sekundenkleber hat den Nachteil, daß das Bauteil an Fingern oder Pinzette besser haftet als an der vorgesehenen Stelle, sofern man mit dem Klebstoff etwas gekleckert hat. Obendrein härtet Sekundenkleber sehr plötzlich aus, meist gerade in dem Moment, in dem man die Hand nicht mehr stillhalten konnte und etwas gewackelt hat. Ergebnis: das Bauteil sitzt schief und läßt sich jetzt auch nur schwer wieder entfernen.
Auch Uhu Flinke Flasche (mit Lösungsmittel) wird von einigen Modellbauern verwendet, für meinen Geschmack dauert das Aushärten jedoch zu lange.
Uhu Extra tropft zwar nicht, zieht kaum Fäden, klebt aber meiner Erfahrung nach schlecht.
Für die Herstellung von großflächigen Verdoppelungen ist Sprühkleber gut geeignet.
Tip: Drücken Sie die Klebstofftuben stets ganz hinten. Drücken Sie vorne, wird evtl. beim Loslassen Luft in die Tube zurückgesaugt, und beim nächsten Gebrauch quillt kein Tropfen, sondern eine immer größer werdende Blase heraus und erzeugt womöglich einen Schmierfleck am Bauteil.
Eventuell etwas Draht für Antennen und als Verstärkung für Masten, Stecknadeln als Flaggenstöcke, außerdem Garn zum Takeln.
Welches Garn Ihnen am besten gefällt, müssen Sie selber ausprobieren. Ich persönlich schwanke immer noch zwischen dünnem Polyestergarn (1200er) und 50er oder 40er Baumwollgarn, alles in schwarz. Spezialisten benutzen chirurgisches Nähmaterial.
Das Baumwollgarn ist zwar eigentlich zu dick für die meisten Modelle, aber man erkennt die filigrane Takelage auch noch aus einer Entfernung von einigen Metern gut. Beim Vorbild betrüge der Abstand des Betrachters allerdings umgerechnet einen halben Kilometer oder mehr, und von der Takelage wäre kaum noch etwas zu erkennen - diesen Effekt erreichen Sie mit entsprechend dünnem Garn.
Lagern Sie Ihr angefangenes Modell und die Bögen am gleichen Ort! Nicht nur im gleichen Raum, sondern wirklich am gleichen Ort! Der Karton ändert seine Ausdehnung in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit, und wenn beispielsweise das Modell auf der Heizung stand, der Bogen jedoch in einer kühlen Ecke lag, werden Sie Probleme mit der Paßgenauigkeit bekommen und womöglich den Konstrukteur des Modells fälschlicherweise verdächtigen, ungenau gezeichnet zu haben.
Wie schon im Abschnitt „Werkzeuge“ erwähnt, benutzen Sie ein Messer/einen Cutter; die Klinge muß sehr scharf sein. Mit der Zeit hört und fühlt man schon, ob die Klinge die Papierfasern schneidet oder zerreißt - letzteres führt zu ausgefransten Schnittkanten.
Das Schneiden hat genau auf der Linie zu erfolgen, möglichst in der Mitte der Linie. Jede noch so kleine Ungenauigkeit führt dazu, daß es irgendwo nicht richtig paßt.
Sind aus dem Inneren des Bauteils Flächen herauszuschneiden, sollten Sie dies in der Regel tun, bevor Sie die äußere Kontur schneiden. Überlegen Sie sich gut, wo Sie anfangen zu schneiden und welche Linie zuletzt drankommt. Sie brauchen immer noch genügend Material, um das Bauteil bzw. den Bogen festhalten zu können.
Halten Sie die Klinge stets senkrecht zur Schnittebene - wenn die Klinge „aus dem Ruder läuft“ ist man leicht versucht, dies zu korrigieren, indem die Klinge schräg gestellt wird. Dies bewirkt jedoch, daß der Karton nur oben an der richtigen Stelle geschnitten wird. Unten hingegen bleibt die Klinge an der falschen Stelle. Zudem ist es schwierig, Teile mit angeschrägten Kanten „stumpf“ zu verkleben, also Kante an Kante ohne eine Klebelasche.
Sichtbare Schnittkanten sollten unbedingt farblich nachbehandelt werden! Dies ist insbesondere bei sehr kleinen Teilen recht mühsam, aber gerade dort fallen die weißen Kanten am unangenehmsten auf, denn dort ist im Extremfall die Fläche der Schnittkanten größer als die bedruckte Fläche des Bauteils.
Gewöhnen Sie sich an, die Klingen immer abzudecken, sobald Sie das Messer aus der Hand legen. Immer! Auch wenn Sie es in 5 Sekunden wieder benutzen möchten. Leicht greift man, während man das Modell im Blick hat, statt zur Pinzette in die offene Klinge, und selbst wenn diese stumpf ist reicht es noch für üble Schnittwunden.
Auch das Knicken muß genau auf der jeweiligen Linie erfolgen. Dazu werden die Linien vor dem Ausschneiden des Bauteils entweder mit einer stumpfen Nadel vorgerillt oder mit einem stumpfen Messer geritzt. Beim Ritzen darf nur die oberste Karton-Schicht verletzt werden.
Nachteil des Ritzens: an den Knicklinien sind weiße Linien sichtbar, die mit Farbe behandelt werden sollten wie Schnittkanten. Dazu das Teil ganz herumklappen und mit Stift bzw. Pinsel oben über die Kante fahren. Vorteil: die Linie sitzt genau an der vorgesehenen Stelle.
Das Rillen läßt zwar den Karton unversehrt, aber die Knicklinie wird weniger exakt. Wenn Sie eine scharfe Kante erzeugen, bricht der Karton eventuell doch, und dann haben Sie keine gerade, sondern eine ausgefranste weiße Linie, was auch mit farblicher Nachbehandlung nicht gut aussieht.
Daher ritze ich die Knicklinien.
Soll der Karton nach unten geknickt werden (von der bedruckten Seite aus gesehen), hat das Rillen bzw. Ritzen auf der oberen, bedruckten Seite zu erfolgen.
Knicklinien „nach oben“ werden von der Rückseite geritzt, nie gerillt, denn diese Seite bleibt dem Betrachter des fertigen Modells ja verborgen. Dazu werden die Endpunkte der Linien mit Nadelstichen markiert und der Bogen dann umgedreht. Man kann den Bogen auch gegen ein Fenster halten und die Linien so auf der Rückseite markieren.
Oder Sie legen Kohlepapier mit der Kohleschicht nach oben unter den Bogen und fahren dann mit einer stumpfen Nadel o. ä. die Linie entlang.
Dies ist wohl die schwierigste Tätigkeit des Kartonmodellbauers. Es ist sehr wichtig, daß die Teile vor dem Anbringen schon möglichst genau die gewünschte Form haben. Erliegen Sie bitte nicht der Versuchung, die Bauteile anzubringen, ohne sie vorzurunden, auch wenn dieser Vorgang viel Zeit und Mühe beansprucht!
Größere Teile können Sie über eine scharfe (Tisch-) Kante ziehen, um sie „mürbe“ zu machen.
Das Runden von Kleinteilen erfolgt immer, indem das Bauteil auf eine leicht elastische Unterlage gelegt und dann mit einem runden Gegenstand darüber gefahren wird. Welchen Gegenstand Sie verwenden, hängt natürlich von der Form ab, in die Sie das Bauteil bringen möchten.
Meist tut es ein Stift oder eine Nadel, für konvexe oder konkave Formen eignen sich Kugeln und Perlen oder Löffel verschiedener Größen. Hier hilft es, wenn Sie den Gegenstand erwärmen - ein Löffel frisch aus der Spülmaschine beispielsweise hat die ideale Temperatur.
Für Kegel und Kegelstümpfe, also konisch zulaufende Teile, verwendet man einen Gegenstand, dessen Durchmesser gering genug ist, um auch der Spitze des Bauteils die nötige Form geben zu können. Dieser Gegenstand wird kreisförmig mit zur Spitze hin zunehmendem Druck über den Karton gerollt. Der Mittelpunkt des Kreises liegt dabei an der Spitze des Kegels, bei Kegelstümpfen dort, wo sich die Spitze des Kegels befinden würde.
Die ideale Unterlage ist Ihr Oberschenkel, Ihr Handteller oder Ihre Fingerspitze, je nach Größe des Bauteils. Andere Bastler empfehlen eine feste Moosgummi-Unterlage.
Bringen Sie das Bauteil langsam in die gewünschte Form, indem Sie den Radius nach und nach verringern. Zu brachiales Vorgehen führt dazu, daß der Karton knickt oder gar bricht, oder die einzelnen Schichten lösen sich voneinander.
Sollte der Karton allzu störrisch sein, befeuchten Sie ihn auf der Rückseite mit sehr wenig Wasser. Wirklich nur sehr wenig, sonst wellt sich der Karton.
Ist der Karton einmal in Form, sollten Sie ihn auch so lassen. Einige Bastler schneiden die Teile erst nach dem Runden exakt aus und wundern sich, daß die Kartonschichten sich voneinander lösen, wenn sie die Teile dazu wieder geradebiegen.
Mehr Tips zu diesem Thema habe ich leider nicht - der Rest ist Übung und Geduld.
Die meisten Klebstoffe ziehen Fäden. Entfernen Sie diese sofort, sonst sieht das fertige Modell wie ein Spinnennetz aus.
Verwenden Sie den Klebstoff möglichst sparsam! Klebstoff, der unter Klebelaschen hervorquillt verschandelt das ganze Modell. Zudem faßt man womöglich hinein und verteilt dann mit dem nächsten Griff Flecken überallhin. Auch schrumpft der Klebstoff beim Trocknen etwas, dadurch kann sich das Modell verziehen. Wenn Sie einmal einen dicken Klecks Uhu auf ein Blatt Schreibmaschinenpapier geben und trocknen lassen wissen Sie, was ich meine.
Welcher Klebstoff für welche Teile am besten geeignet ist, ist reine Erfahrungssache. Der Klebstoff sollte Ihnen Zeit genug geben, das Bauteil überall an die richtige Position zu bringen, aber dann auch schnell anziehen, damit Sie das Teil nicht ewig lange festhalten müssen.
Ist das Teil schon vorm Ankleben exakt in der richtigen Form, erleichtert das die Sache ungemein. Anderenfalls werden Sie feststellen, daß sich das Teil hinten selbständig macht und womöglich Klebstoff über das halbe Modell verteilt, während Sie es vorne an die richtige Position manövrieren.
Größere Teile weisen meist Klebelaschen auf, kleinere werden oft „stumpf“, also einfach Kante an Kante, verklebt. Dazu tragen sie auf die eine Kante einen feinen Streifen Klebstoff auf und drücken die andere hinein.
Sehr wichtig: geben Sie dem Klebstoff immer genug Zeit zum Aushärten, anderenfalls löst, verzieht oder verschiebt sich plötzlich irgendwas an völlig unerwarteter Stelle. Bereiten Sie inzwischen doch schon die nächste Baugruppe vor.
Manche Teile sind durch Aufkleben auf Abfallkarton in doppelter oder sogar dreifacher Stärke herzustellen. Oftmals ist ein Feld in der passenden Farbe zum Herumknicken vorgesehen, einigen Bausätzen liegen extra Leerbogen für Verdoppelungen bei.
Tragen Sie den Klebstoff dünn und gleichmäßig auf, damit sich keine Luftblasen bilden. Beschweren Sie die Teile während des Trocknens mit einem Buch o. ä., und schneiden Sie erst, nachdem der Klebstoff nicht nur trocken, sondern wirklich ausgehärtet ist. Dadurch erleichtern Sie sich die Arbeit ungemein.
Gut geeignet für großflächige Verdoppelungen ist Sprühkleber.
Ich beziehe meine Bögen am liebsten direkt beim jeweiligen Verlag. Den Einzelhändler um die Ecke, der Modellbaubögen führt, gibt es ohnehin nicht mehr, man ist also in jedem Fall auf den Versandhandel angewiesen. Die Verlage bieten kurze Lieferzeiten, häufig irgendwelche Extras, zusätzliche Informationen oder auch Rabatte, und aus meiner eigenen beruflichen Erfahrung heraus weiß ich, wie nützlich der direkte Kontakt des Herstellers zum Kunden sein kann. Außerdem landet der Betrag, der sonst der Verdienst des Einzelhändlers ist, so direkt beim Verlag und fördert die Entwicklung neuer Modelle.
Werkzeuge jedoch muß man sich mühsam in den verschiedensten Fachgeschäften zusammensuchen, insbesondere nach geeigneten Rundlocheisen habe ich jahrelang vergeblich gesucht. Alles unter einem Dach findet man bei Scheuer & Strüver - Werkzeuge, Zubehör und wohl nahezu alle Modell- und Bastelbögen, die weltweit erhältlich sind. Sozusagen der Obi für Kartonmodellbauer. Vor einem Besuch des Ladengeschäftes empfehle ich, telefonisch nachzufragen, ob die gewünschten Artikel vorrätig sind.
Hier die Adressen der fünf deutschen Verlage für Karton-Schiffsmodelle im Maßstab 1:250 in alphabetischer Reihenfolge:
cfm-Verlag
Stahlgruberring 53
81829 München
Tel. +49-(0)89-429195
Fax +49-(0)89-421652
www.cfm-verlag.com
Deutsches Schiffahrtsmuseum
Hans-Scharoun-Platz 1
27568 Bremerhaven
Tel. +49-(0)471-482070
Fax+49-(0)471-4820755
Email postmaster@dsm.de
www.dsm.de/2musk.htm
Mitteldeutscher Kartonmodell-Verlag
Marianne Brommecker
Postfach: 630146
10266 Berlin
Tel : +49 (0)30 - 51061714
Fax: +49 (0)30 - 51061715
Email mdk-verlag@web.de
www.mdk-verlag.de
Möwe-Verlag S. Wolter KG - Wilhelmshavener Modellbaubogen
Rheinstraße 23
26382 Wilhelmshaven
Tel. +49-(0)4421-43666
Fax +49-(0)4421-43911
Email mail@papermod.de
www.papermod.de
Passat-Verlag J. Schulze & Partner
Norderstr. 62
24340 Eckernförde
Tel./Fax +49-(0)4351-752348
Email MKirchgaessner@t-online.de
www.passat-verlag.privat.t-online.de
Scheuer & Strüver - Hamburger Modellbaubogen-Verlag
Postfach 105920
20040 Hamburg
Tel. +49-(0)40-696579-0
Fax +49-(0)40-696579-79
Email mail@moduni.de
www.moduni.de
Aufgrund des großen Angebots ist es etwas mühsam, sich auf der S&S-Website einen Überblick zu verschaffen. Die Schutzgebühr für den umfangreichen Farbkatalog ist gut angelegtes Geld, auch wenn meinem speziellen Interessengebiet nur wenige Seiten gewidmet sind.
Außer beim Passat-Verlag finden Sie überall auch andere Modelle und/oder andere Maßstäbe.
Außerdem gibt es noch Schiffs- und andere Modelle in anderen Maßstäben von
Schreiber-Bogen
Aue-Verlag
Postfach 1108
74215 Möckmühl
Tel. +49-(0)6298-1328
Fax +49-(0)6298-4298
Nicht unerwähnt bleiben soll der polnische Verlag JSC, der ein großes Sortiment an Schiffs- und anderen Modellen in verschiedenen Maßstäben anbietet:
JSC Verlag
Postbox 20
PL-80-305 Gdansk 5 Oliva
Einige JSC-Bögen, die Sie anderswo vergeblich suchen, sowie eine kleine Auswahl anderer Modelle zu sehr günstigen Preisen finden Sie bei
Alexander S. Trujan
Hugo-Junkers-Str. 6
50739 Köln
Tel. +49-(0)171-8272292
Fax +49-(0)221-1703703
Email Alex.tr@t-online.de
www.alex-modellbau.de
Seit einigen Jahren erscheinen zivile JSC-Modelle im Maßstab 1:250 im Scaldis Cardboard-Modelclub in den Niederlanden:
Wim van der Meer
M. de Ruytersingel 19
4535 AW Terneuzen
Netherlands
Email emameert@zeelandnet.nl
Auch aus England kommen sehr schöne Modelle sehr alter Kriegsschiffe in 1:250:
Paper Shipwright
28 Hayster Drive
Cambridge
CB1 9PB
United Kingdom
Email info@papershipwright.co.uk
www.papershipwright.co.uk
Ätzteile (siehe das Kapitel zum „Supern“ der Modelle) erhalten Sie in 0,1 mm Neusilberblech bei Scheuer & Strüver.
Reling, Treppen, Leitern in 0,2 mm Neusilberblech, außerdem Ankerketten und einiges mehr erhalten Sie bei
Saemann Ätztechnik
Zweibrücker Str. 58
66953 Pirmasens
Tel./Fax +49-(0)6331-12440
Email saemann-aetztechnik@t-online.de
Bereits brünierte Ankerketten können Sie bei Scheuer & Strüver, im Modellbahn-Fachhandel oder direkt beim Hersteller beziehen:
Weinert Modellbau
Mittelwendung 7
28844 Weye-Dreye
Tel. +49-(0)4203-9464
Fax +49-(0)4203-5230
www.weinert-modellbau.de
Für Schneidwerkzeuge lohnt es sich, einen Blick auf das Angebot des örtlichen Grafiker-Fachhandels zu werfen, oder Sie sehen sich bei www.architekturbedarf.de um.
Im Internet finden sich viele Informationen und auch diverse Modelle zum Herunterladen und Ausdrucken:
http://www.kartonmodell-forum.de/forum/index.php
In den letzten Jahren drängen verstärkt auch einstmals renommierte Verlage mit Laser- oder Tintenstrahldrucken auf den Markt, oft leider ohne den damit verbundenen Kostenvorteil an die Käufer weiterzugeben.
Laserdrucke haben den Nachteil, daß die Farbe nicht in das Papier einzieht, sondern quasi auf den Karton aufgepreßt wird. Bei Falzen und Rundungen platzt die Farbe leicht ab. Auch greifen manche lösungsmittelhaltige Klebstoffe die Farben an.
Tintenstrahl-Drucke sind oft nicht wasserfest; schon leicht feuchte Hände führen zum Verschmieren der Farbe. Es gibt allerdings mittlerweile wasserfeste Tinte. Solche Bögen habe ich jedoch bisher noch nicht ausprobiert.
Ich bevorzuge weiterhin "richtig" gedruckte Bögen.
Nun will ich Sie durch die typischen Baustadien Ihres ersten Wasserlinien-Schiffsmodells begleiten. Die meisten Modelle sind nach den gleichen Grundprinzipien konstruiert.
Eine Vorbemerkung: Lassen Sie sich Zeit! Setzen Sie sich kein Ziel, sondern basteln Sie solange Sie Lust haben und die nötige Konzentration aufbringen.
Es gibt zwar Modellbauwettbewerbe, und Kartonmodellbau ist seit einigen Jahren eine offizielle Klasse in diesen Wettbewerben, aber es geht dort alleine um Schönheit, nicht darum, wer die wenigste Zeit für den Bau benötigt hat.
Ihr erstes Modell sollte eine mittlere Größe haben und nicht zu kompliziert sein. Leider ist auf die Angaben zum Schwierigkeitsgrad, egal aus welcher Quelle sie stammen, nur wenig Verlaß. Natürlich weist auch das einfachste Modell eine oder mehrere knifflige Stellen auf, dennoch gibt es einige als leicht bezeichnete Modelle, die den Anfänger schier verzweifeln lassen würden, wie es auch angeblich „schwierige“ Modelle gibt, die lediglich größer sind und daher etwas mehr Geduld erfordern, aber keine besonderen Schwierigkeiten aufweisen.
Daher möchte ich Ihnen einige einfachere Modelle aus dem Möwe-Verlag empfehlen, die m. E. für Einsteiger geeignet sind - eine ruhige Hand, ein gutes Auge, viel Sorgfalt und genügend Geduld vorausgesetzt:
Außerdem den Hochseeschlepper Hermes aus dem Hamburger Modellbaubogen-Verlag und das Fährschiff Carl Carstens vom Deutschen Schiffahrtsmuseum.
Das ist doch schon eine ganz nette Auswahl.
Ich bin ohnehin kein Freund von Kriegsschiffen (obwohl ich gestehen muß, daß ich hin und wieder, der bastlerischen Herausforderung wegen, eines auf Kiel lege), aber dem Einsteiger rate ich ganz dringend davon ab. Auch das einfachste Modell weist aufgrund der Bewaffnung komplizierte Kleinteile auf.
Es gibt inzwischen auch Modelle, die auf CD-ROM angeboten werden. Diese haben zwar den großen Vorteil, daß man sich verschnittene Teile schnell nochmals ausdrucken kann, es gibt jedoch einiges zu beachten:
Sie benötigen einen exzellenten Drucker, der Karton muß exakt die vorgesehene Stärke haben (das Gewicht sagt nichts über die Stärke aus), und schließlich, wenn es sich um Modelle handelt, die noch nicht in digitaler Form konstruiert worden, ist die Umsetzung nicht immer gelungen.
Lesen Sie zunächst die „Allgemeinen Hinweise“, die sich in fast jeder Bauanleitung finden, und prägen Sie sich insbesondere die Bedeutung der einzelnen Linienarten ein. Doch Vorsicht: auch Konstrukteure machen Fehler, an manchen Teilen finden sich falsche Linien. Prüfen Sie daher erst alles auf Plausibilität, bevor Sie schneiden und knicken! Bauen Sie das Modell oder zumindest die jeweilige Baugruppe schon einmal „in Gedanken“ zusammen, bevor Sie ritzen oder schneiden.
Da es nicht möglich ist, sich ein Loch zu nehmen und die Decks und Bordwände daran anzubringen, muß zunächst ein stützendes Gerüst angefertigt werden. Auch wenn von diesen Teilen am fertigen Modell nichts mehr zu sehen sein wird (sein sollte...), so ist dennoch äußerst exaktes Arbeiten erforderlich. Kleinste Abweichungen führen später zu sichtbaren Lücken oder Überständen - wobei letztere durch Abschneiden noch einigermaßen korrigierbar sind.
Alle Schlitze sind so auszuführen, daß ein Span in Kartonstärke herausgeschnitten wird. Sind die Schlitze nur durch eine einfache Linie markiert, müssen Sie ausnahmsweise links und rechts neben der Linie schneiden.
Belassen Sie es bei einem einfachen Schlitz, so wird beispielsweise der Längsspant oben um so viel länger, wie alle Querspanten aufeinandergelegt dick sind.
Der Aufbau muß auf einer absolut ebenen Fläche geschehen; die Grundplatte sollte beschwert werden, damit sie glatt aufliegt, bis Decks und Bordwände angebracht sind. Es gibt sogar Bastler, die Gewichte auf die Grundplatte kleben, die dort verbleiben, Bleischnur für Gardinen beispielsweise.
Man kann auch die Grundplatte mit einigen Tropfen Klebstoff an der Unterlage befestigen und später einen Faden zwischen Modell und Unterlage hindurchziehen, so wie der Konditor den Tortenboden schneidet.
Bestehen Grundplatte oder Längsträger aus mehreren Einzelteilen, so ist beim Zusammenfügen auf einen absolut geraden Verlauf zu achten, am besten, indem Sie ein Lineal anlegen.
Vor dem Weiterbau alles gut trocknen lassen!
Egal was in der Bauanleitung steht - die bessere Methode ist zumindest bei einfacheren Modellen stets, zuerst die Decks anzubringen, und zwar bis zu der Höhe, die jeweils mit der Bordwand abschließt. Bei komplizierteren Modellen oder wenn Ihnen die Übersicht fehlt, rate ich, im Zweifel der Bauanleitung zu folgen.
Befinden sich auf den Decks Schlitze zur Aufnahme der Stecklaschen von Wänden, Luken etc., so empfiehlt es sich, diese nur einmal (in der Mitte) mit dem Messer zu schlitzen und dann mit einer Nadel vorsichtig auf Materialstärke zu weiten. Auch sollten bei dieser Art der Montage die Wände auf das Deck gesetzt werden, bevor das Deck am Spantengerüst befestigt wird.
Die Bordwände sind meist die schwierigsten Bauteile eines Schiffsmodells. Mit Geduld und Sorgfalt ist jedoch immer ein gutes Ergebnis zu erzielen.
Besteht die Außenhaut aus mehreren Teilen, so ist auch hier unbedingt auf einen absolut geraden Verlauf zu achten, sofern die Teile vor dem Anbringen verbunden werden.
Sehr wichtig ist es, die Form der Außenhaut schon vor dem Anbringen möglichst exakt an das Spantengerüst anzupassen. Schauen Sie dazu in den Abschnitt „Techniken-Formgebung-Runden“.
Lassen Sie sich Zeit und bearbeiten Sie den Karton immer wieder, bis er die gewünschte Form beibehält.
Meist weisen die Heckpartien und manchmal auch der Bug konvexe bzw. konkave Wölbungen auf. In diesen Fällen wird die Außenhaut aus mehreren Streifen zusammengesetzt. Das Prinzip können Sie sich in umgekehrter Reihenfolge veranschaulichen, wenn Sie eine Apfelsine schälen und die Schale flach auf dem Tisch ausbreiten.
Die einzelnen Streifen werden zunächst sorgfältig vorgerundet und dann stumpf verklebt. Es hat sich bewährt, diese Schlitze von hinten durch Unterkleben einiger Klebelaschen aus dünnem Papier zu sichern. Diese zunächst an einem Streifen anbringen, gut trocknen lassen, dann die beiden Streifen zusammenholen, und so fort.
Dann erfolgt das Anbringen am Spantengerüst. Sofern es irgendeinen Anhaltspunkt für die richtige Position gibt, sollte mit der Anbringung in der Mitte des Modells begonnen werden, von wo aus man sich zu Bug und Heck vorarbeitet. Auch sollte die Bordwand immer abwechselnd an der Back- und an der Steuerbordseite befestigt werden. Wenn Sie die Außenhaut zunächst auf einer Seite ganz anbringen, wird das Modell krumm wie ein Flitzbogen.
Manchmal sind die Bordwände mit einer „Zugabe“ versehen, also etwas länger als eigentlich nötig, und müssen vor dem Schließen von Bug bzw. Heck passend gekürzt werden. Eine etwas heikle Sache, denn das Abschneiden kann erst erfolgen, wenn das Teil schon am Modell angebracht ist. Außerdem, wenn es hier nicht paßt, dann auch woanders nicht, wo es sicher mehr ins Auge fällt...
Warten Sie mit dem Anbau, bis Sie sicher sind, ausreichend lange ungestört zu sein. Auch bei alten Hasen beschleunigt sich der Puls noch beim Anbau der Bordwände, oftmals gepaart mit Sorgenfalten und Schweißperlen auf der Stirn (Angstschweiß?).
...sind meistens recht unproblematisch, genaues Arbeiten vorausgesetzt. Dem Schornstein sollten Sie besondere Aufmerksamkeit widmen, da er den Gesamteindruck des Modells maßgeblich beeinflußt. Normalerweise finden sich auf den Bögen Profilscheiben, die oben und unten in den entsprechend gerundeten Mantel eingeklebt werden und diesem so den nötigen Halt geben. Diese Scheiben sollten Sie immer auf Abfallkarton verdoppeln, bevor Sie sie ausschneiden, auch wenn dies in der Bauanleitung nicht ausdrücklich vorgesehen ist.
Sollten die Scheiben etwas zu groß geraten sein, dann feilen Sie diese mit einer Sandpapier-Nagelfeile passend.
Der Mantel wird meist von einer Klebelasche, die unter die Enden geklebt wird, zusammengehalten. Sie sollten den Mantel runden, bevor Sie die Lasche, ebenfalls gerundet, auf einer Seite unterkleben. Dann lassen Sie das Ganze bitte gut trocknen, bevor Sie ihn zusammenfügen. Vor dem Einsetzen der Profilscheiben (die obere, am fertigen Modell sichtbare, zuerst, so können Sie von oben und von unten korrigieren) wieder gut trockenen lassen!
Nun ist das Modell schon fast fertig, dennoch wartet auf Sie, je nach Detaillierung, noch eine ganze Menge Arbeit. Viel zu sagen gibt es dazu nicht, aber Sie brauchen viel Geduld, Geschick und entsprechend feines Werkzeug (Messer, Pinzetten, evtl. eine Lupe).
Nur nicht verzweifeln - wenn Ihnen die Anfertigung eines Bauteils mißlingt oder von vornherein zu schwierig erscheint, dann lassen Sie es eben weg, oder Sie konstruieren sich eine einfachere Version.
Häufig finden sich an den Enden der Masten Felder mit Linien. Eine Möglichkeit die Masten zu runden ist, das Bauteil auf ganzer Länge in Verlängerung dieser Linien vorzuritzen, dann zunächst grob aus dem Bogen herauszutrennen, alle Linien zu knicken und dann erst genau auszuschneiden. Leider wird der Mast dadurch eckig, und die Ritzlinien sind zu retuschieren.
Mit viel Geduld gelingt das Runden auch ohne vorritzen, indem einfach nach und nach dünnere Gegenstände verwendet werden. Meist werden Ihre Hände zu klein sein, um den gesamten Mast auf einmal zu runden - beginnen Sie in diesen Fällen an einem Ende und runden Sie immer nur so stark, daß der Karton nirgends knickt. Dann arbeiten Sie sich weiter bis zum anderen Ende und gehen zu einem kleineren Durchmesser über.
Verkleben nach meiner Erfahrung am besten von oben nach unten (also am dünneren Ende beginnend), indem der Klebstoff Stück für Stück mit einer Nadel in die Naht eingebracht wird.
Nicht ausprobiert habe ich, das Papier regelrecht in Wasser aufzuweichen und dann zu runden. Es soll funktionieren. Wen die langen Trockenzeiten stören, kann auch reines Aceton (aus der Apotheke) verwenden.
Eventuell sollten Sie die Masten von innen mit Draht verstärken, je nach Höhe und späterer Belastung, insbesondere also bei Segelschiffen.
Natürlich können Sie Masten auch aus lackierten Dübelhölzern o. ä. herstellen. Die Maße ergeben sich aus den Bauteilen auf dem Bogen.
Solche Teile sind durchbrochen, d. h. aus den Flächen sind Felder herauszuschneiden. Es empfiehlt sich, zuvor die Rückseite des Kartons passend einzufärben.
Dann trennen Sie das Bauteil grob aus dem Bogen heraus und knicken es. Erst jetzt die inneren Felder und dann das Teil exakt ausschneiden, erneut knicken und zusammenkleben.
Hier ist leider häufig Rätselraten angesagt, jedenfalls, wenn man über keine Vorbildfotos verfügt. Gesunder Menschenverstand und Abbildungen in der Bauanleitung geben aber fast immer ausreichende Hinweise.
Grundsätzlich ist hier besonders viel Fingerspitzengefühl nötig - leicht wird ein Mast o. ä. durch zu viel Zug abgeknickt. Andererseits werden Sie feststellen, daß ein Kartonmodell erstaunlich stabil ist.
Arbeiten Sie sich möglichst von unten nach oben vor. Zunächst wird der Faden an der schlechter zugänglichen Stelle mit einem Tröpfchen Uhu Hart befestigt. Achten Sie darauf, daß der Faden bereits in etwa in die richtige Richtung weist, sonst ergibt sich später am Übergang vom klebstoffgetränkten Teil des Fadens ein häßlicher Knick.
Nach gutem Trocknen ziehen Sie den Faden straff und befestigen das andere Ende. Uhu Hart bindet sehr schnell ab, sie brauchen den Faden daher nur kurz festhalten und können ihn dann abschneiden. Einen bereits exakt auf Länge gekürzten Faden straff festzukleben ist (mir) nahezu unmöglich.
Um Masten lege ich den Faden gerne mit einem halben Schlag herum; so läßt sich die Position gut fixieren.
Wenn ein Faden schlapp durchhängt, hilft bei Baumwoll-Garn, sofern es nicht mercerisiert ist, ein wenig Spucke, mit zwei Fingern auf ganzer Länge verteilt. Pinsel und Wasser funktionieren natürlich auch. Durch die Feuchtigkeit läuft das Material ein klein wenig ein. Klappt aber nur einmal.
Nun steht es da, Ihr erstes Schiffsmodell. Ich hoffe, Sie sind mit dem Ergebnis zufrieden und planen schon, die gesammelten Erfahrungen in das nächste einfließen zu lassen, das natürlich noch besser werden soll.
Übung macht den Meister, nur nicht den Mut verlieren! Ich baue nun schon seit über 30 Jahren Kartonmodelle, und immer noch hoffe ich, daß das nächste Modell noch besser wird, immer noch entdecke ich neue Techniken, und noch nie war ich mit einem Modell wirklich zufrieden. Aber trösten Sie sich, die meisten Fehler werden nur Sie sehen, denn nur Sie wissen, wo welche vorhanden sind.
Übrigens, auch - oder gerade - Spitzenbastler haben häufig einen zweiten oder gar dritten Bogen zur Hand, um verschnittene oder anderweitig vermurkste Teile ersetzen zu können. Sie sehen also, mit zunehmender Erfahrung lernt man vor allem, daß Fehler unvermeidlich sind.
Natürlich sind die Möglichkeiten des Materials Karton begrenzt, daher haben Generationen von Kartonmodellbauern nach Möglichkeiten gesucht, wie sich das Aussehen der Modelle weiter verbessern läßt. Hier eine kleine Auswahl:
Wie schon erwähnt sollten sichtbare Schnittkanten und Ritzlinien farblich nachbehandelt werden. Dadurch verbessert sich das Aussehen des Modells schon stark.
Bei grauen Kriegsschiffen sollten Sie die Kanten geringfügig heller anlegen, sonst passiert das, was beim Vorbild gerade erwünscht ist: die Konturen verschwimmen.
Türen, Luken etc. sind bei detaillierten Bausätzen oftmals zusätzlich einzeln neben die Bauteile gedruckt. Diese können mit Abfallkarton verdoppelt und auf die aufgedruckten Türen geklebt werden, um sie plastisch darzustellen.
Wo extra aufgedruckte Türen fehlen, schneide ich sie aus den Bauteilen heraus, klebe sie auf bereits verdoppelten Karton und schneide sie dann sehr sorgfältig aus, so daß sie jetzt dreifache Kartonstärke haben. Hinter die Löcher, aus denen die Türen herausgeschnitten wurden, setze ich ein Stückchen Abfallkarton und drücke die Türen von oben in die Öffnung hinein. Bei diesem Vorgehen ist es sehr wichtig, daß jede Tür genau dort landet, wo sie herausgeschnitten wurde.
Sieht nach meinem Geschmack sogar besser aus, beeinträchtigt aber die Stabilität und das Umknicken der Klebelaschen nahe der Öffnungen ist nicht einfach.
Wenn Sie schwarzen Karton hinter die Öffnung kleben, können Sie auch einmal eine Tür geöffnet darstellen.
Fenster und Bullaugen können herausgeschnitten und mit blauer Folie (oder klarer Folie, hinter die blau gefärbter Karton geklebt wird), hinterlegt werden - so glänzen sie wie echtes Glas. Bei Saemann gibt es recht preiswerte Glasplatten in den Stärken 1 mm und 0,15 mm. Die dünnere Sorte ist elastisch und kann angeblich mit der Schere geschnitten werden, was mir allerdings nicht gelingen wollte. Mit einer Reißnadel und viel Gefühl läßt sich das Glas jedoch sehr paßgenau zuschneiden. Der Effekt ist wirklich verblüffend.
Ankerketten aus Karton wirken wenig realistisch - ich ersetze diese durch echte, feine Ketten (Saemann, Weinert).
Seit Jahrzehnten wird in Bastlerkreisen diskutiert, wie sich die Reling besser darstellen läßt. Die Kartonreling versperrt die Sicht auf die dahinterliegenden Teile und wirkt dadurch wenig realistisch. Auch wenn die meiner Ansicht nach optimale Lösung in Form von Ätzteilen (dazu später mehr) inzwischen gefunden wurde, möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, was alles ausprobiert wurde.
Allen Vorschlägen ist gemein, daß die gedruckte Reling abgeschnitten oder als Klebelasche nicht nach oben, sondern nach unten geknickt wird. Dies erfordert eine gewisse Erfahrung im Kartonmodellbau.
Karton-Puristen mit viel Geduld schneiden die Felder zwischen den Linien heraus und färben die Linien mit Tipp-Ex weiß. Dabei wird die Reling nur in einfacher Stärke angebracht; hilfreich ist es, die Relingteile vorher mit mehreren Schichten Klarlack zu versehen. Mir war dies immer zu viel Mühe für das erzielbare Ergebnis.
Es wurde vorgeschlagen, die Reling auf Tesa-Film oder klare Folie zu zeichnen oder zu kopieren. Nun ja, wer’s mag - mir gefällt es nicht.
Lackierte, halbierte Heftklammern als Relingstützen mit dem parallel zum Deck liegenden Teil auf oder unter das Deck geklebt, mit Fäden als Durchzüge, ergeben eine ansehnliche Reling, allerdings ist die Stärke der Heftklammern ein Problem.
Ich habe eine Zeit lang dünnen Draht mit einem Seitenschneider ohne Wate als Relingstützen zugeschnitten und senkrecht mit Uhu-Hart auf das Deck gesetzt. Mühsam und anfällig für Beschädigungen, aber recht ansehnlich.
Sie können Fäden in passendem Abstand längs und quer über einen Rahmen spannen und diese beidseitig mit mindestens drei Schichten Haarlack überziehen. Dadurch werden die Fäden steif und kleben an den „Kreuzungen“ zusammen. Die fertige Reling läßt sich nach dem Trocknen mit einem Messer oder einer Schere heraustrennen und kann recht gut gebogen werden. Das Abwinkeln ergibt aber leider keinen Knick, sondern eine enge Rundung.
Den Rahmen können Sie sich aus Metall anfertigen, oder Sie benutzen kräftige Pappe, in die Sie in entsprechendem Abstand Löcher bohren.
Weißes Garn erhält durch die Lackschichten eine unschöne nikotingelbe Färbung, weiße Reling (Reling ist meist weiß gepönt) sollte daher lackiert werden.
Mit der gleichen Technik lassen sich auch Wanten herstellen.
Solche Fadenreling kann auch fertig gekauft werden (Scheuer & Strüver), ist allerdings recht teuer.
Ätzteile
In den letzten Jahren haben sich glücklicherweise Ätzteile durchgesetzt. Diese bestehen aus dünnem Blech (0,1 oder 0,2 mm Neusilber), aus denen mit der gleichen Technik wie bei gedruckten Schaltungen die gewünschten Strukturen herausgeätzt wurden.
Diese Teile müssen vor der Verwendung entfettet, grundiert und passend lackiert werden, und zwar, bevor die Teile aus der Platine herausgetrennt werden. Für die Grundierung verwende ich Grundierspray (Haftgrund), zum Lackieren Revell-Farben und auch Heller-Acrylfarben, wasservermalbar. Die Teile sind derartig fein, daß auch mit dem Pinsel ein gutes Ergebnis erzielt werden kann, Sie brauchen sich also keine Airbrush anschaffen. Die Farben evtl. etwas verdünnen.
Die Grundierung bewirkt nicht nur, daß die Farbe besser haftet, sondern sorgt auch für eine stärkere Leuchtkraft, insbesondere bei hellen Farbtönen.
Beim Lackieren mit dem Pinsel bilden sich auf der Rückseite schnell kleine Tropfen, daher die Platine häufig umdrehen und die Tropfen verstreichen bzw. entfernen, bevor sie antrocknen.
Häufig muß ein Großteil einer Platine, nämlich die Reling, weiß lackiert werden. In solchen Fällen lackiere ich alles, was nicht weiß werden soll, mit dem Pinsel, trenne diese Teile heraus und verwende für den Rest eine Sprühdose.
Es muß wirklich nicht der teure Modellbaulack sein, in den Sprühdosen aus dem Baumarkt ist auch nichts anderes drin.
Halten Sie die Teile beim Heraustrennen mit einem Cutter gut fest - mir sind schon welche auf Nimmerwiedersehen davongesprungen.
Die Verarbeitung (schneiden, ggf. biegen) kann mit den gleichen Techniken wie bei Karton erfolgen (natürlich ohne vorritzen), das Material ist allerdings etwas widerspenstiger, Sie sollten die Teile daher vor dem endgültigen Anbau besonders sorgfältig zurechtbiegen.
Der Passat-Verlag und der Hamburger Modellbaubogen-Verlag, seit neuestem auch cfm, bieten zu Ihren Modellen maßgeschneiderte Ätzsätze an, das Aussehen der Modelle anderer Hersteller läßt sich mit Standard-Ätzteilen (Reling, Treppen, Leitern etc.) von Scheuer & Strüver und Saemann Ätztechnik stark verbessern. Adressen siehe Bezugsquellen.
Seit kurzem gibt es auch Zurüstsätze, die per Laserstrahl aus Karton geschnitten wurden.
Darüber hinaus sind Ihrer Phantasie keine Grenzen gesetzt - wie wäre es beispielsweise mit Geschützrohren aus lackierten Grashalmen?
Dabei sollten Sie jedoch stets den Gesamteindruck des Modells im Auge behalten. Wenn Sie an einem sehr einfachen Modell die aufgedruckten Poller durch selbst angefertigte dreidimensionale Versionen ersetzen, dann sollten alle Teile, die genauso groß oder sogar größer sind (Rollklampen, Winden, Spills, Pumpen, Rohrleitungen etc.), ebenfalls plastisch dargestellt werden - oder Sie lassen es eben ganz bleiben. Weniger kann manchmal mehr sein. Reling und Treppen durch Ätzteile zu ersetzen ist aber immer eine gute Idee.
Und nun viel Spaß beim Basteln!
Verwendung der Abbildungen erfolgt, soweit nicht anders angegeben, mit freundlicher Genehmigung des Möwe-Verlags, Wilhelmshaven. Vielen Dank!
© 2006 Gunnar Blumert - alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung!
Gunnar Blumert
Waldstr .117
25712 Burg
Tel. +49-(0)4825-2892 (Mo.-Fr., 14.00 - 16.00h)
Fax +49-(0)4825-1217
Email gunnar@blumert.de
Für weitere Basteltips und Anregungen aller Art, wie diese Anleitung noch zu verbessern ist, bin ich jederzeit dankbar.
Die jeweils aktuellste Fassung kann als Microsoft-Word-Datei von http://www.winrail.de/karton/einfuehrung.zip heruntergeladen werden.